Eisarsch 2016 - Gummistiefel-Weitwurf statt Segeln auf der Wakenitz
Seglen fiel wegen Eis, Flaute und Nebel aus
Der Eisarsch des Lübecker Yacht-Clubs (LYC) präsentierte sich in seiner
48. Auflage in der wortwörtlichen Form. Eisige Temperaturen und Nebel über der
zugefrorenen Wakenitz sorgten für unterkühlte Körperteile, verhinderten aber
auch alle Ambitionen, den besten Opti-Oldie des Nordens zu ermitteln.
Tatendurstig waren die Winter-Segler nach Lübeck gekommen, am Ende mussten sie
fast unverrichteter Dinge wieder abreisen. Doch Hauptorganisator Jan Stemmler
hatte mit seinem Team ein kleines Ersatzprogramm vorbereitet. Statt beim Segeln
wurde der Sieger in diesem Jahr beim Gummistiefel-Weitwurf ermittelt. Meeno
Bülow vom Lübecker SV trug sich damit inoffiziell in die Siegerliste bei der
Traditionsveranstaltung ein. Zum zweiten Mal übrigens: 1997 hatte er unter
realen Bedingungen auf dem Wasser gewonnen.
Am Freitag hatte es
noch verheißungsvoll für den Eisarsch ausgesehen. Sonne und eine gute Brise
hielten die Wakenitz eisfrei und ließen das Revier im schönsten Winterglanz
erstrahlen. Über Nacht aber änderte sich das Bild. LYC-Trainer Uwe Schimanski
hatte offenbar ein Gespür fürs Eis. Mitten in der Nacht wachte er auf,
registrierte die eisigen Temperaturen und stapfte zur Wakenitz, die um 3.30 Uhr
erstarrt dalag. „Um 3.40 Uhr hat ,Schimi' mich informiert“, berichtete Jan
Stemmler am frühen Morgen. „Wir setzen jetzt alles daran, dass wir trotzdem
segeln können.“ Die Orga-Gruppe des LYC wurde in Gang gesetzt, und es wurde
alles versucht, die Flotte von 72 gemeldeten Seglern doch irgendwie auf den Kurs
zu bringen. Die kleine Schar der Sicherungsboote wurde im Nebel in Fahrt
gebracht, um die dünne Eisschicht zu brechen. Knirschend und knackend bahnten
sich die Motorboote den Weg durch die Wakenitz, gaben alles, um den Winter
beiseite zu schieben. An Land wurde der Orga-Plan sorgsam abgearbeitet. Die
Meldestelle stand bereit, die Waage zur Ermittlung der Seglergewichte hing an
der Decke, die Versorgungsstände wurden aufgebaut. „Die Kurschatten“ heizten mit
Livemusik ein, und Walter Mielke, der ehemalige Oberste Wettfahrtleiter der
Travemünder Woche, baute am Mikrofon eine Spannungskurve auf. Auch die Segler
kamen in Scharen, checkten sich ein und hofften darauf, dass sich die
Nebelschicht heben und der Wind durchsetzen würde. Doch der graue Schleier hielt
sich standhaft. Immer, wenn ein Hauch von Sonne zu entdecken schien, schob sich
die nächste flachgehende Wolke ins Bild. Wettfahrtleiterin Julia Burt hoffte im
Minutentakt auf Besserung und bat die Segler um Geduld. Zweimal verschob sie
eine Entscheidung zum Auslaufen. Doch um 13.45 war alle Hoffnung dahin. Der
Eisarsch in seiner segelnden Form wurde abgesagt. Es ist nunmehr das achte Mal
in der Geschichte, dass das Kult-Event nicht gesegelt werden konnte. Letztendlich war es die totale Flaute, nicht mehr das Eis, die eine Regatta unmöglich machte. Die angereisten Reporter von Lübecker Nachrichten, NDR, RTL und andere Medienvertreter konnten trotzdem von guter Stimmung berichten.
Denn stattdessen
ging es für die eingecheckten Segler an den Gummistiefel. In großer Traube
standen Athleten und Begleiter um den Wurfsektor herum, die Sonne brach durch
und in bester Laune wurden die Wurfkünste der Konkurrenten bejubelt. Die
gestalteten sich an dem ungewöhnlichen Wurfgerät sehr unterschiedlich.
Ungewollte Kerzen reihten sich an harte Einschläge im Publikum. Zweimal schoss
der gelbe Stiefel über die Köpfe der Umstehenden hinweg ins Wasser. Als Könner
am Gerät erwies sich Meeno Bülow. Er stellte als einer der ersten Werfer gleich
eine Marke auf, die nicht mehr eingeholt werden konnte und freute sich über
seinen unerwarteten Erfolg. Denn am Morgen hatte er noch festgestellt: „Ich bin
natürlich motiviert, aber die Siegambitionen habe ich schon vor Jahren
aufgegeben. Ich freue mich, wenn ich unter die Top-Ten komme.“ Dieses Ziel
übertraf er über den Umweg mit dem Gummistiefel nun bei weitem.
Für die
Organisatoren gab es trotz der Kälte keinen Grund zu erstarren, sie blicken
vielmehr schon auf das große Jubiläum in zwei Jahren voraus. „Wir haben da schon
einige Dinge in der Überlegung, die wir verändern und einführen wollen“, so Jan
Stemmler. „So denken wir unter anderem über eine After-Show-Party
nach.“ Auch über die Zulassung von weiblichen Teilnehmern und einer Herabsetzung des Mindestalters von 25 auf 21 Jahre wird diskutiert.
Alle teilnehmenden Segler freuten sich über das von Niederegger gesponserte Marzipan. Keiner ging leer aus. Die vorderen zehn Platzierungen haben im Rahmen der Siegerehrung extra Portionen in großen Gläsern erhalten. Weitere Lübecker-Marzipan-Preise gingen an hintere Platzierungen. Die Ergebnisliste nach dem Gummistiefelweitwurf ist unter manage2sail veröffentlicht. Die Wanderpokale und -Preise wurden aber – da nicht ersegelt – nicht vergeben; sie werden erst im nächsten Jahr zur 49. Eisarschregatta wieder ausgesegelt. Der Spaß ist trotzdem nicht zu kurz gekommen.
Fotos: Der Eisgang und die Flaute auf der Wakenitz ließen kein Regatta-Segeln zu (oben). Stattdessen wurde der Sieger beim Gummistiefel-Weitwurf ermittelt. Meeno Bülow (Foto) erzielte die größte Weite. Beide Fotos: segel-bilder.de
Die Eisarschgilde 2016:
Julia Burt - Regattaleitung
Uwe Schimanski - Regattaleitung, Startschiff, Schlauchboote, Organisation Helfer-Team aus der Jugendabteilung
Charly Brüser - Kapitän Begleitschiff und Eisbrecher Onkel Bräsig
Sibylle Brüser - Mannschaft Begleitschiff und Eisbrecher Onkel Bräsig
Bent Steinbrecher - besondere Aufgaben
Michael „Mischi“ Hanke - Wiegerwart
Peter-Uwe „Dickie“ Voss - Wiegerwart - Druck Gutscheine
Frank Schärffe - Kontakt Sponser Niederegger
Birgit Stamp-Oehme - Jutesäckchen - Kontakt Sponser Niederegger
Walter Mielke - Kommentator live am Mikrofon
Udo Ott - Fotos
Patricia Ortin-Krause - Checkin
Jenny Schlichtig - Checkin
Petra Röttger - Organisation, Checkin und Finanzen
Ralf Abratis - Pressemitteilungen und -kontakte
Jan Stemmler - Gesamtorganisation, Ausschreibung, manage2sail
Björn Steinbrecher - Organisation, Technik und Musik
und viele Helfer mehr
Wir danken allen Seglern, Helfern und Gästen für die Gute Stimmung. Weiter unter lyc.de/eisarsch ...
Hier die Fotos von Dr. Udo Ott