Simon Grotelüschen nach Olympia
Liebe Segelfreunde,
hiermit möchte ich Euch mitteilen, dass ich mich nun vom leistungsbezogenen Segeln zurückziehe.
Vor 17 Jahren begann ich mit dem Segeln an der Wakenitz beim Lübecker Yacht-Club. Da meine Eltern zuvor keinen direkten Bezug zum Segelsport hatten, war es eher Zufall, zu diesem unglaublich schönen Wassersport zu kommen.
Nach einigen „Ausbildungs“-Jahren im Optimisten gelang mir im Laser der nationale Durchbruch. Ich lebte für den Sport, genoss den Wettkampf und verlor nie die Leidenschaft am Segeln. Nachdem ich 2008 die Qualifikation zu den Olympischen Spielen in Peking verpasste hatte, konzentrierte ich mich für 4 Semester auf das Medizinstudium, um mir ein berufliches Standbein aufzubauen. Überaus wichtig war es mir zudem, meinen Horizont zu erweitern. Mir wurde bewusst, dass der Segelsport – so komplex und vielfertig er auch ist – für mich immer „nur“ Sport bleiben wird. Insofern kam es für mich nie in Frage, eine Profilaufbahn im Segeln einzuschlagen.
Dennoch war meine Motivation nach dem ersten Staatsexamen enorm groß, für einige Jahre meine ganze Konzentration dem Segelsport zu widmen. Sicherlich stand über allem der Traum der Teilnahme zur an den Olympischen Spielen. Mein Ziel war jedoch vielmehr, in die Weltspitze zu gelangen. In vielen Jahren hatte ich zuvor erlebt, wie es uns deutschen Laserseglern nicht gelungen war, den Sprung in der internationalen Konkurrenz nach ganz vorne zu schaffen.
Dies ist mir nach vielen Jahren harter Arbeit und einigen herben Rückschlägen gelungen. In den letzten beiden Jahren habe ich mich mit einer Ausnahme in jeder Regatta mindestens für das Medal Race qualifiziert. Sportliche Höhepunkte waren für mich sicherlich der Kieler-Woche-Sieg 2011, der 4. Platz auf der WM in Perth 2011, der Weltcup-Sieg beim Princess-Sofia-Cup 2012 und schließlich der 6. Platz bei den Olympischen Spielen.
Die Olympischen Spiele 2012 waren für mich ein unglaublich beeindruckendes Erlebnis. Es war faszinierend, Teil der weltweiten Sportelite zu sein und sich im Wettkampf zu messen. Die Atmosphäre war darüber hinaus vom internationalen Austausch geprägt, der überaus wichtig ist in der heutigen Zeit. London 2012 wird mir immer in Erinnerung bleiben!
Dass ich nun dennoch Abschied vom Regattasegeln nehme, hat mehrere Gründe: Die letzten Jahre kosteten mich enorm viel Energie. Immer wieder bin ich sowohl an das körperliche als auch an das mentale Limit gegangen, um Höchstleistung zu erzielen. Dies war oftmals eine Gratwanderung, der ich mich nicht weitere vier Jahre aussetzen möchte. Darüber hinaus sehne ich mich nach etwas mehr Normalität in meinem Leben. Über Jahre hinweg habe ich fast ausschließlich aus dem Koffer gelebt. Als Segelsportler ist man über die Hälfte des Jahres unterwegs. Dass es mit diesen Umständen kaum möglich ist, Medizin zu studieren, liegt nahe.
Die Entscheidung fällt mir insofern nicht so schwer, wie man meinen könnte, denn auch weiterhin will ich den Bezug zum Segelsport behalten. Vor allem ist es mir wichtig, das Knowhow, das ich über Jahre angesammelt habe, an junge Sportler weiterzugeben. Außerdem möchte ich nicht ausschließen, dass es in ein oder zwei Jahren doch wieder so sehr kribbelt, dass ich mit neuer Motivation und neuem Elan zurückkomme. Denn die Leidenschaft am Segeln besteht nach wie vor.
An dieser Stelle ist es mir wichtig, allen Personen zu danken, die mich über Jahre hinweg unterstützt haben.
Drei Trainer möchte ich hervorheben: Uwe Schimanski vom Lübecker-Yacht-Club, der mich in jungen Jahren entdeckt und gefördert hat. Thomas Rein, ehemals Landestrainer vom Segler-Verband-Schleswig-Holstein (SVSH) und aktueller Bundestrainer, der mich im Laser hervorragend ausgebildet hat. Und schließlich mein aktueller Trainer, Thomas Piesker, vom Deutschen Segler-Verband, ohne den ich den Sprung in die Weltspitze wohl nicht geschafft hätte.
Mein Dank gilt außerdem dem SVSH und dabei insbesondere Petra Homeyer (inzwischen am Olympiastützpunkt Hamburg/Schleswig-Holstein), die mich über viele, viele Jahre mit unermüdlicher Fürsorge und Tatkraft begleitet und unterstützt hat.
Eine besondere Rolle spielte für mich der Heinz-Nixdorf-Verein. Er hat, seit ich 2005 zum Team hinzustieß, immer gefordert und gefördert. Dankbar bin ich vor allem dafür, dass mir das Vertrauen gegeben wurde, auch über Schwächephasen hinweg gefördert zu werden. Besonders in der Zeit des Studiums gab mir dies enorme Sicherheit.
Über 17 Jahre hinweg bin ich nun Mitglied im Lübecker Yacht-Club (LYC). Ich bin meiner Heimat treu geblieben und habe es niemals bereut. Besonders als es galt, mich auf internationales Parkett zu wagen, und die Ausgaben deutlich stiegen, half mir der Verein immens. Das werde ich nie vergessen!
Mein größter Dank gilt aber natürlich meinen Eltern. Sie haben mir den Segelsport ermöglicht und dabei immer eine gute Balance gefunden. Sie haben sich weitestgehend aus dem Sport zurückgehalten und mich dennoch uneingeschränkt unterstützt - beim fünften Kind sicherlich eine besondere Herausforderung.
Euer Simon Grotelüschen